"Kinder, die anfangs meinen Raum "zerlegten", lernten Disziplin…"

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Lisa Rudigier ist Kinesiologin und Lehrerin. In ihrer Praxis betreut sie Kinder, Eltern sowie soziale Institutionen und Firmen. Als Pädagogin bereitet sie an der Agnes-Neuhaus-Schule, Wiesbaden, Jugendliche auf den staatlichen Haupt- und Realschulabschluss vor.
Ihre Begeisterung für Bal-a-Vis-X hat sie in folgenden Beitrag gefasst, speziell um Pädagogen und Schulleiter für diese Methode zu interessieren.
Bal-A-Vis-X –

  • eine Methode für Kindergarten und Schule, um Kinder in
  • lernrelevanten körperlichen Voraussetzungen zu fördern
  • eine Methode, die auffällige Kinder inklusiv fördert (in der Gruppe, über Peers)
  • eine Methode, die allen Spaß macht – Pädagogen wie Kindern
  • eine Methode, bei der kurze Einheiten eine große Wirkung haben
  • eine Methode, die uns Pädagogen zu handeln hilft

Bal-A-Vis-X bedeutet Balance/Auditory/Vision/eXercises for brain and brain-body integration. Zu deutsch: Gleichgewicht – Hören – Sehen – Übungen für Gehirn und Gehirn-Körper-Integration. Diese Methode, die zunächst aussieht wie ein kinderleichtes Spiel mit Sandsäckchen und Bällen oder wie Vorübungen für das Jonglieren, wurde von Bill Hubert (USA) begründet, der Bal-A-Vis-X in seiner 35jährigen Tätigkeit als engagierter und forschender Lehrer entwickelte und heute weltweit lehrt. www.bal-a-vis-x.com. Zu Bills Huberts Hintergrund gehören u.a. die Erfahrung von Kampfkunst-Techniken und BrainGym. Er brachte in den rhythmischen und strukturierten Ballabläufen und dem Training auf den Punkt, was wir alle lebenslänglich für ein erfolgreiches Lernen brauchen:

  •   die Fähigkeit, die Augen flüssig zu bewegen (Auge-Folge-Bewegungen)
  • . Haltung (Körperorganisation, aber auch Haltung als Disziplin, Durchhalten)
  • . Rhythmus (ohne Rhythmus kein Lernen: Sprache beruht auf Rhythmen, Mathematik auf Mustern, Repetieren braucht Rhythmen. Anweisungen annehmen bedeutet, sich mit einer Person zu koordinieren etc.)

Zunächst einzeln, dann in kleinen Gruppe werden Kinder in das Programm eingeführt. Es werden Sandsäckchen, Bälle und Balance-Bretter verwendet. Die Methode zeichnet sich dadurch aus, dass Kinder/Jugendliche als Assistenten ausgebildet werden, da Kinder/Jugendliche meist schneller und mit mehr Freude von Gleichaltrigen lernen. Die Assistenten helfen dem Pädagogen dabei, mit einzelnen Kindern ausdauernd zu üben, bis sich der gewünschte Erfolg einstellt. So können mehr Kinder zeitgleich und individuell betreut und gefördert werden, was die Lehrkraft enorm entlastet.
Idealerweise werden Bal-A-Vis-Einheiten mehrmals wöchentlich durchgeführt. Dies kann integriert ins Sportprogramm oder in einem ganz normalen Gruppen- oder Unterrichtsraum geschehen. Die Erfolge dieser Methode sind frappierend:

  • . verbesserte kognitive Leistungen infolge besserer Gehirnintegration
  • . besseres Verhalten – mehr Impulskontrolle, Beruhigung im Verhalten, Kooperation
  • . größere Konzentrationsspanne, mehr Anstrengungsbereitschaft beim Lernen und Zuhören
  • . verbesserte Grobmotorik und Feinmotorik
  • . leichteres Lernen – weniger Anstrengung, vermindertes Stress-Kopfweh in Prüfungssituationen

Bill Hubert erzählt in seinen Kursen auch von Erfolgen seiner Arbeit mit Kindern und Erwachsenen mit besonderen Herausforderungen. Diese Arbeit erfordert viele Jahre der Ausbildung und des Trainings. Jenseits dieser vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ist Bal-A-Vis-X m.E. vor allem eine pädagogische Selbsthilfe-Methode: für Kinder, Eltern und Pädagogen.

 Persönliche Würdigung

Ich habe 2013 meinen ersten Bal-A-Vis-X-Kurs gemacht und diese Methode zunächst nur im Rahmen meiner kinesiologischen Lernpraxis eingebaut. Nach meinem zweiten Kurs 2014 führe ich diese Methode nun in die Schule ein. Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema der Gehirn-Körperintegration als Voraussetzung für Lernen. Es gibt viele therapeutische und außerschulische Ansätze, um diese Bereiche zu trainieren. Bal-A-Vis-X ist die erste Methode, die ich kenne, die von jedem Pädagogen, der Spaß an Ballspielen hat, erlernt werden und in jedem Gruppen- und Unterrichtsraum angewendet werden kann. Bal-A-Vis-X und das Verstehen der Grundlagen für körperliches Lernen holt Erzieher und Pädagogen aus der Hilflosigkeit mit einzelnen, „schwierigen“ Kindern oder Gruppen und zeigt Übungswege auf. Nicht reden, lamentieren oder problematisieren, sondern spielen, beobachten, in Kontakt gehen und schauen, was sich verändert. Kleine, regelmäßige Übungseinheiten haben eine große Wirkung.
Peer-Teaching wird groß geschrieben. Ich habe Jugendliche gesehen, die sehr verantwortlich und aus ihrem inneren Körperwissen Gleichaltrige trainierten. Ich finde den pragmatischen Trainingsansatz von Bal-A-Vis-X großartig und praxistauglich zugleich, um zu verbessern, was wir im Rahmen einer pädagogischen Institution verbessern können.
Folgendes kann ich nach 1jähriger Praxisüberprüfung bestätigen:
Wenn Kinder lernen, die Übungen zu machen, die in sich eine Steigerung im Schwierigkeitsgrad/in der Körperkoordination haben, zeigen sie mehr Ausdauer in der Schule, nutzen ihre Lernkanäle (visuell, auditiv, kinästhetisch), zeigen Anstrengungsbereitschaft und bessere Schulnoten. Das Selbstbewusstsein steigt, die Fehlertoleranz ebenso. Ein besseres physisches Gleichgewicht findet seine Entsprechung in mehr Gelassenheit in sozialen Situationen. Vieles beruhigt sich, vieles wird machbar.
Ganz auffällig fand ich folgende Beobachtung: Kinder, die anfangs meinen Raum „zerlegten“ und sich bei jeder Gelegenheit wild auf den Boden warfen, lernten über das rhythmische Balltraining – auf dem Balanceboard stehend – Körperspannung, Durchhalten und Disziplin. Vor allem lernten sie, wie viel Spaß es machen kann zusammen zu lernen, sich Ziele zu setzen und zu üben. Sie lernten Anweisungen zu folgen, bei der Sache zu bleiben und mit gutem Fokus zu kooperieren. Kinder, die vorher keinen Rhythmus hatten (in Bewegungsabläufen, in der Kooperation mit einem Erwachsenen), lernen dies über diese Methode.
Ich kann nur bestätigen, was Bill Hubert mantrahaft wiederholt: „When you work with the kids – don’t talk“.
Kinder mit Auffälligkeiten haben gelernt, dass Erwachsene pausenlos auf sie einreden und ihnen verbale Hilfen oder Anweisungen geben, mit denen sie oft gar nichts anfangen können. Für Pädagogen bedeutet diese Methode ein Training, nur über Bewegungen zu kommunizieren und die Wortsprache komplett zurückzunehmen. Bewegungen werden vorgemacht, zunächst gaaaaaaaanz langsam, bis wie verstanden werden, um dann zusammen in den Rhythmus des Spiel zu gehen. Rhythmisierte Ballabläufe sind wie Musik, die wir über koordinierte Bewegungen mit den Bällen machen.
Und was passiert, wenn zwei Menschen oder eine Gruppe von Menschen zusammen im Rhythmus sind, ist immer magisch.
Lisa Rudigier www.selbsthilfe-lernen.de
>>Bal-A-Vis-X