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Über Bewegung das Lernen fördern: Die Kraft der motorischen Entwicklung

Wie die frühkindliche Bewegungsentwicklung das Lernverhalten ein Leben lang prägt und wie Lücken geschlossen werden können

Die verborgene Verbindung zwischen Bewegung und Gehirnentwicklung

Stell Dir vor, Du beobachtest ein Kind, das sich beim Lesen schwertut, ständig vom Stuhl rutscht oder sich kaum konzentrieren kann. Vielleicht hast Du als Erzieherin, Kinesiologin oder Lerntherapeutin schon oft erlebt, wie frustrierend solche Situationen für alle Beteiligten sein können. Was, wenn die Ursache für diese Schwierigkeiten viel tiefer liegt – in der frühkindlichen Bewegungsentwicklung?

Die Verbindung zwischen motorischer Entwicklung und kognitiven Fähigkeiten ist stärker, als wir lange Zeit angenommen haben. Jeder Entwicklungsschritt, vom ersten Drehen über das Robben bis zum freien Laufen, legt wichtige neuronale Grundlagen für späteres Lernen und emotionale Stabilität.

In diesem Artikel erfährst Du:
Warum die motorische Entwicklung für das Lernen so entscheidend ist
Welche Entwicklungsschritte besonders wichtig sind
Wie Du erkennst, ob Entwicklungslücken vorliegen
Praktische Methoden, um diese Lücken zu schließen

Die Grundlagen: Warum Bewegung das Gehirn formt

Der Schlüssel zur ganzheitlichen Entwicklung

Die motorische Entwicklung in den ersten Lebensjahren ist weit mehr als nur das Erlernen von Bewegungsabläufen. Jede neue Bewegungsfähigkeit schafft komplexe Vernetzungen im Gehirn, die später für Lernprozesse, Konzentrationsfähigkeit und emotionale Regulation genutzt werden.

„Wenn ein Kind eine Entwicklungsstufe überspringt oder zu kurz durchläuft, fehlen wichtige neuronale Verbindungen“, erklärt die Entwicklungskinesiologie. Diese Lücken können sich später als Lernschwierigkeiten, Konzentrationsprobleme oder emotionale Unsicherheiten zeigen.

Die kritischen Phasen der motorischen Entwicklung

Besonders wichtig sind diese Entwicklungsphasen:
Kopfkontrolle (0-3 Monate): Grundlage für Blickkontrolle und visuelle Wahrnehmung
Drehen (3-6 Monate): Fördert die Koordination beider Körperhälften
Robben und Krabbeln (6-10 Monate): Stärkt die Zusammenarbeit beider Gehirnhälften
Aufstehen und Gehen (10-18 Monate): Entwickelt Gleichgewichtssinn und Raumorientierung

Jede dieser Phasen bildet die Grundlage für spätere Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben oder mathematisches Verständnis. Wenn ein Kind beispielsweise die Krabbelphase überspringt, kann dies später zu Problemen beim Überkreuzen der Körpermittellinie führen – eine Fähigkeit, die beim Lesen unerlässlich ist.

Wie Bewegungslücken das Lernen beeinflussen

Typische Anzeichen für motorische Entwicklungslücken

Folgende Signale können auf unvollständig integrierte Bewegungsmuster hinweisen:
Schwierigkeiten, still zu sitzen
Probleme beim Überkreuzen der Körpermittellinie
Ungeschicklichkeit bei feinmotorischen Aufgaben
Leseprobleme, besonders beim Zeilenwechsel
Konzentrationsschwierigkeiten
Schwierigkeiten mit der Handschrift

Der emotionale Aspekt der Bewegungsentwicklung

Nicht nur die kognitiven Fähigkeiten sind betroffen. Auch emotionale Aspekte sind eng mit der motorischen Entwicklung verknüpft. Die Frage „Möchte ich wirklich einen Schritt nach vorne gehen?“ hat sowohl eine physische als auch eine emotionale Dimension. Kinder, die in ihrer Bewegungsentwicklung unsicher waren, zeigen oft auch im übertragenen Sinne Zurückhaltung bei neuen Herausforderungen.

Praktische Ansätze zur Integration der motorischen Entwicklung

Nacherleben und Verdoppeln

Eine der wirksamsten Methoden ist das bewusste Nacherleben der natürlichen Entwicklungsbewegungen. Durch gezieltes „Verdoppeln“ – also das wiederholte Durchlaufen von Bewegungsmustern – können neuronale Verbindungen gestärkt oder neu aufgebaut werden.

Alltagsintegration für Kinder und Erwachsene

Diese Übungen lassen sich spielerisch in den Alltag integrieren:
Bauchlage für Babys (unter Aufsicht)
Krabbel- und Robbspiele für Kinder
Überkreuzbewegungen für Schulkinder
Gleichgewichtsübungen für alle Altersgruppen

Kinesiologische Balancen

Die Kinesiologie bietet spezifische Methoden, um Blockaden zu lösen und die Integration von Bewegungsmustern zu unterstützen. Durch gezielte Übungen werden beide Gehirnhälften aktiviert und harmonisiert.

Die Rolle der Umgebung und Begleitung

Was Kinder wirklich brauchen

Für eine gesunde motorische Entwicklung brauchen Kinder vor allem:
Freien Bewegungsraum statt einengender Hilfsmittel
Körperkontakt statt ständiger Lagerung in Babyschalen o.Ä.
Zeit zum Entdecken eigener Bewegungsmöglichkeiten
Geduldige Begleitung statt forcierter Entwicklung

Unterstützung für Eltern und Pädagogen

Als Fachperson kannst Du Eltern und Kollegen dabei unterstützen, eine bewegungsfreundliche Umgebung zu schaffen:
Aufklärung über die Bedeutung natürlicher Bewegungsentwicklung
Praktische Tipps zur Gestaltung des Alltags
Erkennen von Entwicklungslücken
Einfache Übungen für zu Hause

Die wissenschaftliche Grundlage

Die Verbindung zwischen motorischer Entwicklung und kognitiven Fähigkeiten wird durch zahlreiche Studien bestätigt. Die Neuroplastizität – also die Fähigkeit des Gehirns, sich lebenslang zu verändern – ermöglicht es, auch im späteren Leben noch Entwicklungslücken zu schließen.

Brain Gym® und motorische Entwicklung

Viele Brain Gym®-Übungen basieren auf natürlichen Entwicklungsbewegungen. Wenn Du verstehst, welche motorischen Grundlagen hinter diesen Übungen stehen, kannst Du sie noch gezielter einsetzen:
Die „Liegende Acht“ unterstützt die visuelle Überkreuzung der Mittellinie
„Überkreuzbewegungen“ stärken die Zusammenarbeit beider Gehirnhälften
Der „Elefant“ integriert Gleichgewicht und Koordination

Fortbildungsmöglichkeiten für Pädagogen und Therapeuten

Um Kinder mit Lernschwierigkeiten professionell zu unterstützen, ist fundiertes Wissen über die motorische Entwicklung unerlässlich. Fortbildungen wie der Kurs „Integration der motorischen Entwicklung“ bieten:
Tiefes Verständnis der Entwicklungsphasen
Praktische Übungen zum Selbsterleben
Methoden zum Schließen von Entwicklungslücken
Konkrete Interventionsmöglichkeiten

Diese Kenntnisse ermöglichen es Dir, Kinder ganzheitlich zu fördern und auch die Eltern kompetent zu beraten.

Häufig gestellte Fragen

Kann man motorische Entwicklungslücken auch im Erwachsenenalter noch schließen?

Ja, dank der Neuroplastizität des Gehirns ist es möglich, auch im Erwachsenenalter noch Entwicklungslücken zu schließen. Die Übungen müssen dann bewusst und regelmäßig durchgeführt werden, um neue neuronale Verbindungen zu schaffen.

Wie erkenne ich, ob Lernschwierigkeiten mit der motorischen Entwicklung zusammenhängen?

Typische Anzeichen sind Probleme beim Überkreuzen der Körpermittellinie, Schwierigkeiten beim Lesen (besonders beim Zeilenwechsel), Konzentrationsprobleme und Ungeschicklichkeit bei alltäglichen Bewegungen.

Wie oft sollten die Übungen durchgeführt werden?

Für nachhaltige Erfolge empfiehlt sich eine tägliche, kurze Übungszeit von 5-10 Minuten. Wichtiger als die Dauer ist die Regelmäßigkeit und die korrekte Ausführung der Bewegungen.

Können diese Methoden auch bei diagnostizierten Lernstörungen wie ADHS oder Legasthenie helfen?

Die Integration der motorischen Entwicklung kann eine sinnvolle Ergänzung zur herkömmlichen Therapie sein. Bei vielen Kindern mit Lernstörungen lassen sich tatsächlich Lücken in der Bewegungsentwicklung nachweisen, deren Bearbeitung die Symptome deutlich verbessern kann.

Fazit: Bewegung als Schlüssel zum leichteren Lernen

Die motorische Entwicklung bildet das Fundament für lebenslanges Lernen. Wenn wir verstehen, wie eng Bewegung und kognitive Fähigkeiten zusammenhängen, eröffnen sich neue Wege, um Kindern und Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten zu helfen.

Statt nur an den Symptomen zu arbeiten, lohnt es sich, einen Schritt zurückzugehen und die grundlegenden Bewegungsmuster zu integrieren. Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät, diese Entwicklungsschritte nachzuholen.

Möchtest Du mehr darüber erfahren, wie Du Kinder und Erwachsene durch Bewegung in ihrer Entwicklung unterstützen kannst? Der Kurs „Integration der motorischen Entwicklung“ bietet Dir das nötige Handwerkszeug, um kompetent zu begleiten und nachhaltige Veränderungen zu bewirken.

Jetzt mehr erfahren und zum Kurs anmelden!

Marina Gieshoidt