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Ulla´s Blog: Festhalten als Lebensform

Im September 2020 starb Jirina Prekop mit 90 Jahren in Prag. Sie war eine weltweit bekannte und anerkannte Diplom Psychologin, die sich 1970 in Deutschland niederließ und als Psychologin in Stuttgart in einer Kinderklinik tätig war.

Von der amerikanischen Psychologin Martha Welch übernahm sie die Grundsätze der Festhaltetherapie zur Behandlung von Autismus. Sie entwickelte unter Einbeziehung des systemischen Ansatzes von Bert Hellinger die Festhaltetherapie nach Prekop.
Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, wobei das Bekannteste wohl der „Der kleine Tyrann“ ist. Ihr großes Anliegen war die Erneuerung der Liebe in einer beziehungskranken und liebesarmen  Welt.
Als Dozentin am IKL hat sie uns Lernenden eindringlich und mit viel Engagement gezeigt, wie wichtig Aussöhnung mit den Eltern beziehungsweise mit den Kindern ist. Missverständnisse in der Kommunikation und Konflikte, die Jahre-oder Jahrzehnte lang bestehen, lassen häufig eine unüberbrückbare gute Beziehung unmöglich erscheinen.
Zu allen Zeiten brauchten Kinder Eltern, die ihnen beim Heranwachsen Halt und Zuversicht gaben. Die Familienstruktur hat sich  in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Die Großfamilie mit Oma und Opa gibt es nur noch äußerst selten. Alleinerziehende und Patchworkfamilien versuchen das Beste für die Kinder.
Für die Kinder wird es immer schwieriger eine feste emotionale Bindung mit Vater und Mutter aufzubauen. Die Kinder kommen zum Teil sehr früh in die Kita und müssen sich an eine neue Umgebung mit neuen Menschen „anpassen“. Diese Anpassung im frühen Kindesalter steht aber nicht in  ihrem Entwicklungsplan. Dort steht „Ich bewege mich von meiner Mutter fort“. Und das ist eben zwischen drei und vier Jahren. Die natürliche Entwicklung beinhaltet ein langsames Lösen von der Mutter.


Werden die Kinder früher von der Mutter getrennt, können Ängste entstehen, die dann kompensiert werden. Einige Kinder ziehen sich in sich zurück und gehören häufig zu den Stillen angepassten, andere entwickeln sich zu kleinen Tyrannen oder Klassenclowns. Darum ist es wichtig, dass sie Eltern oder Erzieher haben, die die Gefühle der Kinder akzeptieren und zulassen, wenn sie wütend sind, schreien, hauen und verletzen. Die Gefühlsausbrüche haben vielleicht etwas mit Eifersucht zu tun, weil ein Geschwisterkind seine Position eingenommen hat oder der Dauerstreit seiner Eltern. Die Freude am Spielen kann plötzlich einer Traurigkeit weichen, weil jemand verstorben ist. Die Eltern sind häufig überfordert und wissen nicht mehr, was sie machen sollen.
Dann ist das Halten des Kindes während eines Gefühlsausbruchs eine bewährte Methode.
Die Mutter, der Vater oder eine andere Bezugsperson zu der das Kind Vertrauen aufgebaut hat, nimmt das Kind so auf den Schoß, dass beide sich in die Augen schauen. Jirina sagt „ Von Angesicht zu Angesicht.“ Dann sagt der Haltende: “Ich kenne deinen Schmerz, du bist wütend und traurig. Du legst die eine Hand auf dein Herz und die andere auf deinen Bauch. Den Kopf legst du in meine Halskuhle und ich halte dich fest. Du darfst solange weinen, schreien und toben, bis der Schmerz vorbei ist.“

Bei dem Halten geht es um die Umwandlung von Wut in Liebe und von der Trauer in die Freude.

Man kann die Zeit nicht anhalten, aber für die Liebe bleibt sie manchmal stehen.

Pearl S. Buck


Bücher von Jirina Prekop:

-Eltern dürfen Fehler machen
-Ich halte dich fest, damit du frei bist
-Erstgeborene
-Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen
-Getragen vom Fluss der Liebe
-Schlaf Kindlein, verflixt noch mal
-Auf Schatzsuche bei unseren Kindern
-Wenn ihr wüsstet, wie ich euch liebe
-Von der Liebe, die Halt gibt
-Der Kleine Tyrann
-Unruhige Kinder
-Familie lebt von Liebe (Regeln innerhalb der Familie)

Ulla Schmutte