In den neunziger Jahren wurde von „besonderen Kindern“ gesprochen. Es gab Bücher über Indigo-Kinder, Kristallkinder und HSP (Hochsensible Personen). Eltern fanden sich selbst in diesen Büchern wieder oder erkannten, dass ihr Kind etwas Besonderes war.
Jedes Kind ist besonders, und wenn es auf die Welt kommt, erscheint es uns als das größte Wunder überhaupt. Aber zu allen Zeiten kamen immer wieder diese besonderen Kinder auf die Welt. Die Naturvölker „erkennen“ so ein Kind direkt nach der Geburt. Diese Kinder werden gehegt und gepflegt, weil sie später als Heiler und Berater für die Gemeinschaft wichtig sind.
Dr. Elaine Aron machte Studien und stellte fest, dass es sich nicht um eine Krankheit handelt, sondern um ein Persönlichkeitsmerkmal. Dieses Phänomen zeigt sich vor allem in der Grundschule bis zur Pubertät. Die hochsensiblen Kinder werden häufig nicht mit ihren Fähigkeiten wahrgenommen. Die Eltern hören dann von den Lehrern, dass ihr Kind schüchtern sei, nicht gerne spreche oder aufzeige. Außerdem sei ihr Kind sensibler bei Zurückweisung durch andere Kinder und hyperempfindlich gegenüber den Gefühlen anderer.
Die HSP-Kinder haben den Eindruck, dass sie kleiner, verletzlicher und „anders“ sind. Meistens sind sie sehr beliebt, und viele Mitschüler möchten mit ihnen zusammen sein. Doch wenn sie dann in der Pause in größeren Gruppen spielen oder lernen, sind sie schnell überfordert, da sie die kleinsten Störungen wahrnehmen. Wenn sich ein Konflikt anbahnt, spüren sie diesen schon kurz vorher. Dann müssen sie schnell eine Entscheidung treffen: Dableiben oder gehen? Kampf oder Flucht? Beides geht in der Schule nicht. Also gehen sie in den sogenannten „Totstellreflex“. Ist die Situation geklärt, ist es für diese Kinder aber noch längst nicht vorbei. Ihr Gehirn legt jetzt richtig los. Sie machen sich über alle Beteiligten Gedanken. Und das ist noch nicht alles: Es werden Verknüpfungen im Gehirn gebildet, die absolut überflüssig sind. Es gibt ein Durcheinander, das für Verwirrung sorgt. In der nächsten Stunde müssen sie sich doppelt konzentrieren. Kommt dann die nächste Pause, stellen sie fest, dass alles wieder normal ist. Dann entsteht bei ihnen das Gefühl: „Bin ich überhaupt richtig?“
Aber sie verfügen über eine besondere Gabe. Ihre Urinstinkte sind vollständig erhalten, und sie meistern ihr Leben, ohne darüber nachzudenken. In der Familie können sie treffsicher die Verfassung einzelner Familienmitglieder einschätzen.
Ihre intensiven Denkprozesse hindern sie manchmal daran, ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen. Das ist ihnen aber nicht wirklich wichtig. Für sie ist es wichtig, dass alles einen „Sinn“ hat.
Besonders stark ausgeprägt sind darum ihre Sinne:
- Augen: Beobachten, dauerndes „Abscannen“, sehen das Ganze, „das sieht nicht richtig aus“.
- Ohren: Das Filtersystem ist schwächer, die Intensität der Wahrnehmung stärker, zu schnell, zu viel, zu laut, zu schmerzhaft = Rückzug.
- Riechen: „Das riecht nach schlechter Stimmung.“
- Fühlen: „Ich fühle mich nicht wohl an meinem Platz.“
- Schmecken: Durch intensive Denkprozesse mehr Wasser, der Blutzucker schwankt, dadurch eher müde, unruhig oder aggressiv. Immer etwas Essbares dabeihaben.
- Muskeln: Ziehen sich vor Unsicherheit und Angst zusammen.
- Wahrnehmung: Infos gehen schneller ins Bewusstsein.
Lernaufgaben für Hochsensible Personen (HSP):
- Verantwortung für sich übernehmen (weniger für andere).
- Eltern sollten das Kind ermutigen, wenn es etwas „richtig“ wahrgenommen hat.
- Auf das erste Bauchgefühl hören (Intuition wird bestätigt, weil man richtig lag).
- Erden – Kontakt mit dem Boden, mit Mutter Erde, durch Barfußlaufen. Elektrosmog wird abgeleitet, das Nervensystem wird beruhigt.
- Kleidung ohne Synthetik, Elastan. Leichte Decken zum Schlafen.
- Tiere in ihrer Umgebung sind wichtig. Steine und anderes aus der Natur sammeln.
- Bauchschmerzen ernst nehmen (emotionaler Stress).
- Einfache Handlungen: Mehrmals am Tag umarmen, liebevolles Festhalten, schaukeln, streicheln, spielen, lachen, singen, unterschiedliche Gesichtsausdrücke, neurolymphatische Massagen.
- Nein-Sagen lernen.
- Kinder und Erwachsene auf PU (psychologische Umkehr) testen: „Ich bin richtig – Ich bin falsch“.
- Babys für ein paar Stunden am Tag „pucken“ – fest einwickeln, Tragen im Tuch – entspannt und stabilisiert. Gibt es auch schon für Erwachsene (in Japan).
- Mit Lehrern und Erziehern sprechen, das Kind mit dem Phänomen ernst nehmen. Wird manchmal vorschnell dem ADS oder Autismus zugeordnet.
- Erwachsene HSP können sich zusätzlich um ihr inneres Kind kümmern, das in der Kindheit mit seinen Fähigkeiten nicht gesehen wurde, indem sie einen kreativen Brief schreiben.
- „Absicherungsblick“ bei kleinen Kindern bestärken.
- Affirmation:
- „Ich darf meine eigenen Ideen haben.“
- „Ich bin kreativ und fantasievoll.“
Ulla Schmutte